Diesen Monat könnte ich Jubiläum feiern. Wenn ich wollte. Fünf Jahre bin ich nun Single. Was zurückgerechnet bedeutet, dass ich das letzte Mal mit 18 in einer Beziehung war. Diese Tatsache wiederum lässt mich daran zweifeln, ob ich das, was ich damals hatte, heute noch als eine Beziehung bezeichnen würde. Nunja, mein Fünfjähriges mit mir selbst und einzelnen Affären lässt doch manchmal eine fiese kleine Frage aufkommen: „Was stimmt denn eigentlich nicht mit mir?“
Okay, ich gebe zu, so richtig Partnersuche habe ich auch nicht wirklich betrieben. Erstmal finde ich ja eh, dass man nicht suchen sollte, dann wird das Ganze ohnehin zu krampfig. Außerdem verleiht das Wort „Suche“ dem Singledasein immer so einen verzweifelten Beigeschmack, und verzweifelt bin ich (noch) nicht wirklich. Nur manchmal. Aber da ich auch regelmäßig die pure Verzweiflung in all den Beziehungen um mich herum mitbekomme, finde ich auch das nicht weiter schlimm. Trotzdem, was Pärchen zu ihrem Fünfjährigen an Glückwünschen erhalten, erhalte ich in etwa gleicher Zahl an klugen Ratschlägen. „Man muss viele Frösche küssen!“ „Du bist zu wählerisch!“ (Der bringt mich richtig auf die Palme. Sowas kommt auch immer nur von Vergebenen. Ja, das bin ich und ja, das will ich auch sein. Sollte nämlich doch der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass ich mich verliebe und derjenige sich dazu auch noch in mich verliebt, dann soll die ganze Nummer auch schon halten. Da will ich ja bitte nicht irgendwen, sondern IHN!)
„Irgendwann wirst auch du jemanden finden!“ „Du bist doch noch jung!“ „Ich versteh gar nicht, warum du Single bist!“ Und so weiter und so fort. Aber einer, der ist dabei, den habe ich lange angezweifelt, und doch glaube ich mittlerweile, dass da was dran ist: „Du musst dich erst einmal selbst lieben, bevor du geliebt werden kannst.“ Darauf pflegte ich immer gegenanzustänkern, was meine Selbstliebe denn mit den Gefühlen meines Gegenübers zu tun haben sollte. Und das derjenige welche mich doch genauso lieben muss, wie ich bin. Davon bin ich auch noch immer überzeugt. Und doch liegt eine ganze Menge Wahrheit in dieser Aussage.
Ja, ich gebe zu. Ich liebe mich nicht wirklich selbst. Und das, obwohl ich und ich doch gerade Fünfjähriges haben. Das ist nichts, was man mir auf den ersten Blick anmerkt. Aber hinter meiner fröhlichen, vorlauten, offenen und redseligen Fassade stecken leider mindestens genauso viele Selbstzweifel. Warum genau das so ist, wo das herkommt und wie tiefgehend das ist, ist sicherlich zu ausladend, um es hier ins Detail zu erläutern. Aber was daran relevant ist: Durch eben diese Selbstzweifel zweifle ich auch daran, dass mich jemand mögen kann. Dass es tatsächlich Menschen gibt, die das Gesamtpaket Pia mit all ihren Durchgeknalltheiten, Redeattacken, Schweigephasen, Launen und Macken mögen. Und zwar richtig. Darunter zu leiden haben sogar manchmal meine Familie und ganz regelmäßig meine Freunde. Und wohl am meisten potentielle Partner. Denn: Auf den ersten und zweiten und dritten Blick trete ich ganz selbstsicher auf. Ich prüfe mein Gegenüber auf Herz und Nieren, teste aus, ob er mir gefällt, ob ich ihn wieder sehen will. Und wenn ich das will? Und wenn er mir gefällt? Dann schreien meine Zweifel ganz laut und toben und versuchen mich davon zu überzeugen, dass er mich gar nicht auch mögen kann. Sobald ein Mensch mir etwas zu bedeuten anfängt, fange ich an, mich daran zu erinnern, dass ich mir selbst nicht so viel bedeute. Dann werde ich zurückweisend oder panisch, ich entwickle dann Verhaltensweisen, die für mein Gegenüber unverständlich sind und ihn nicht selten zurückschrecken. Oder ich ziehe mich selbst zurück in meine Beziehung mit mir selbst, damit ich bloß nicht in die Situation komme, Ablehnung oder Rückweisung zu erhalten.
Manchmal denke ich: Ja, es ist nicht einfach mit mir in solchen Situationen. Und ich kann euch sagen, das ist es wirklich nicht. Aber muss es nicht jemanden geben, der das aushalten und tolerieren kann? Aber dann wird es mir klar. Selbst wenn es ihn gibt, und irgendwann wird es ihn ganz bestimmt geben, so muss ich das doch auch sehen können. Und das wird mir wohl erst gelingen, wenn ich auch sehe, dass ich es wirklich wert bin, geliebt zu werden. Objektiv weiß ich das schon jetzt. Subjektiv hingegen klappt das noch viel zu selten. Sich selbst zu lieben und zu akzeptieren ist kein einfacher Prozess. Aber wichtiger als jede Partnersuche ist wohl viel mehr die Suche nach genau dieser Liebe: Der Liebe zu sich selbst. Der Liebe zu mir selbst.
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Titelbild: "Lisa Marschner "/ www.jugendfotos.de, CC-Lizenz (by-nc)
Heike
Sehr schoen geschrieben und ich kann mich in vielen Punkten wiedererkennen. Aber dennoch stoesst mir bei dem Satz “Du musst dich erst mal selbst lieben” eines immer wieder auf: wie viele Freunde habe ich, die selbst nicht minder Selbstzweifel haben und dennoch in (gluecklichen) Beziehungen stecken!? Selbstzweifel koennen kein Ausschlusskriterium fuer glueckliche Beziehungen sein, sonst wuerden wohl noch einige Singles mehr rumlaufen ;) Viel mehr kommt es mir vor als ob wir (oder die anderen) uns Singles damit wieder ein bisschen mehr die “Schuld” dafuer in die Schuhe schieben, dass es bislang noch nicht geklappt hat. Der Richtige wird kommen und uns lieben mit allen Ecken, Kanten und Selbstzweifeln :)
Max
Auch ich kann mich da sehr gut wiederfinden. Die Frage wie man sich selbst lieben kann, beziehungsweise wie das denn ein Anderer schaffen soll, wenn man es selbst schon nicht auf die Reihe kriegt, kenne ich gut. Auch das in mich zurückziehen bevor es schief laufen könnte habe ich schon zu oft gemacht. irgendwann wird das bei uns allen mal was und das Gegenüber weiß warum ich mich so verhalte. Sehr gut geschrieben !
Sina
Pia, mir geht es genauso!
Nur dass ich, anders als du, nicht solange Single war – dafür immer wieder daran gescheitert bin, dass ich selbst mit mir ein dickes Problem habe.
Nur glaubt mir das niemand, wenn man mich kennen lernt – ich wirke selbstbewusst, lustig, fröhlich, redegewandt.
Dass unter all dem auch eine andere Sina steckt, erschreckt viele.
Nachdem ich das zuletzt verletzend deutlich gehört habe und mein Herz sehr gelitten hat und noch leidet, bleibe ich gerade Single.
Und lerne, mit mir selber klarer, zufriedener, reiner – emotinal stabiler – zu werden.
Danke für deine Gedanken, es tut gut, nicht alleine dazustehen! <3
Pia
Liebe Sina,
Danke für deinen lieben Kommentar :) tatsächlich ist es, denke ich, so unglaublich hilfreich, sich erstmal wirklich nur mit sich auseinander zu setzen. Und ich glaube, dass das besser funktioniert, wenn man auch erstmal nur “mit sich alleine” ist. Zumindest bringt mich das grade sehr voran.
Ich wünsche dir auf jeden Fall (oder uns? ;) ), dass du bzw wir mit uns selbst ins Reine kommen und dann endlich gelassen eine Beziehung führen können. :)
Ganz lieben Gruß
Pia