Blattkritik: NEON

Direkter und lauter will sie sein, die neue NEON. Das Magazin für die jüngere Generation ist mittlerweile 13 Jahre alt – höchste Zeit für einen Relaunch, dachte man sich, und verpasste der NEON ein Facelift. Und wie steht es um die inneren Werte? Wir haben uns die aktuelle Ausgabe (05/2016) mal genauer angeschaut. Gespannt waren wir besonders auf die Artikel zu Liebe, Beziehungen und der schönsten Nebensache der Welt. Wir wurden nicht enttäuscht: Zwischenmenschliches spielt natürlich auch in der neuen NEON eine große Rolle. Hier die Lieblingsartikel aus der Heels & Herz-Redaktion:

 

Myri über Die Pornogeständnisse (S. 52):

MedusaMyri.jpgIch liebe Sex. Pornos liebe ich nur manchmal. Meist bis ich gekommen bin.

Was ich aber definitiv liebe, ist die Auseinandersetzung mit Pornos.

Einer meiner liebsten Momente in meiner vorherigen WG war ein netter Porno-Abend zu fünft. Bei Wein und Schokolade haben wir uns zusammen durch “Persian Princess takes three cocks at once” über “Step Dad punishes naughty teen with nice tits” bis hin zu unserem persönlichen Favoriten (nun, zumindest wenn es um den Unterhaltungswert geht): Eine Folge Fake Taxi, bei dem der Taxifahrer seinem weiblichen Fahrgast seine unästhetischen Füße in jede Körperöffnung steckt. Ohne Kondom. Alle wahllos durcheinander. Die Männer jubelten, die Frauen riefen “Ach du Scheiße!” (im wahrsten Sinne des Wortes)  und “Infektioooonen!”

Meist schreibe ich nach dem Rat für AutorInnen “Schreib, was du lesen möchtest” – die Neon ist mir in diesem Fall zuvor gekommen. Besonders schön fand ich, dass der Appell des Artikels, Pornogucken zu enttabuisieren, direkt umgesetzt wurde, indem die einzelnen berichtenden Personen abgebildet wurden – und aussahen wie ich, meine Freunde, die Leute, denen ich in der Uni begegne. Witzigerweise habe ich sogar eine Bekannte darunter entdeckt.

Sehr zu empfehlen, wenn es um Pornos und die oftmals als damit einhergehend kritisierte Verrohung der Sexualität geht: Ran Gavrielies Ted-Talk:

Dieser ist eine Aufforderung, sich abzuwenden von einer Industrie, die immer wieder Diskussionen über Menschenhandel und Mysogynie hervorruft, und sich hinzuwenden zum Wiederentdecken der eigenen Phantasie – was nicht schwer fällt bei Gavrielies sinnlicher Sprechweise.

 

Katrin über Helden und Idioten (S. 12f.): 

KatrinWer von uns erinnert sich nicht an den Moment, in dem man den ersten Freund oder die erste Freundin mit nach Hause gebracht hat? Prüfende Blicke, höflicher Smalltalk, das gute Porzellan – und die Hoffung, dass bitte niemand in ein Fettnäpchen treten und sie sich bitte alle verstehen mögen. 

Die zarten Knospen der Jugendliebe von damals sind mittlerweile längst verblüht. Jetzt, einige Jahre später und um einiges an Beziehungserfahrung reifer, spielt das Wohlwollen unserer Eltern in Bezug auf unser Liebesleben wohl kaum noch eine Rolle – oder? In der Serie Helden und Idioten widmet sich die aktuelle NEON der Frage: "Soll man in Liebesdingen auf seine Eltern hören?" 

Die Autorinnen Lena Steeg und Mareike Nieberding erzählen zwei kurze und knackige Geschichten über Eltern, die sich ins Liebesleben ihrer Sprösslinge einmischen. Kurz genug um auf eine Seite zu passen und lang genug für ein wohliges "I feel you, girl"-Gefühl. In diesem Sinne schließe ich mich Frau Nieberding an und fordere: Nieder mit den Liebesdiktatoren! 

 

Nastassja über Du bist NEON (S. 8):

nastassja_aufzugMit der neuen Serie „Du bist NEON“ in „Wilde Welt“ hat das Magazin NEON mich besonders angesprochen. Die Zeitschrift bewegt sich seit meiner Teenager-Zeit auf der Rangliste ganz oben – gerade durch die Authentizität und die Verbindung zu den Lesern – doch ist es der neuen Aufmachung gelungen, noch wesentlich echter und dynamischer zu sein – gerade durch das Mehr an Bezügen zu den Lesern.

Das kurze Interview mit dem Masterstudenten Bruno Patias über seinem Umzug zu seinem Partner von London nach Berlin (und die damit verbundene Reflektion einer grundlegenden Lebensentscheidung) hat mich trotz oder gerade wegen der Kürze in seinen Bann gezogen.

Wir leben so dahin in unseren Entscheidungen, Umwegen und Einbahnstraßen und manchmal kann die Reflektion anderer Menschen sehr spannend und hilfreich sein. Ob es nun daran liegt, dass ich selbst auch gerade nach Berlin gezogen bin, diese Entscheidung auch vorerst treffen musste und auch die Überlegungen und Gedankengänge des Brasilianers, der irgendwann wieder zu seiner Familie möchte, gut nachvollziehen kann oder daran, dass es interessant ist in die Köpfe anderer Menschen zu schauen und hinter deren Motivation? Wie auch immer.

 „Du bist Neon“ bringt frischen Wind in das Magazin und lässt einen kleinen Einblick hinter die Kulissen von Fremden und ihren Geschichten, an denen wir normalerweise vorbei leben.

Falls auch ihr eure Geschichte erzählen und die Leser damit für einen kurzen Moment in euren Bann ziehen möchtet, dann schickt eure Geschichte an ichbinNeon@NEON.de

 

Pia über Das hat mein Sexleben gerettet (S. 50):

Pia_kIn der Kolumne „Das hat mein Sexleben gerettet“ geht es diesmal um Sex ohne Liebe und Sex mit Freunden. Ich erkenne mich in diesem Text einfach total wieder. Jessica, die Verfasserin dieser Kolumne, beschreibt darin, dass sie als Single weder auf Sex verzichten, noch Sex mit fremden Männern haben möchte. Und dass der Sex mit Freunden die Freundschaft sogar aufgewertet hat, anstatt sie kaputt zu machen.


Trotzdem ist es bei mir ein bisschen umgekehrt. Die Freundschaft mit meinem besten Freund ist daraus entstanden, dass wir Sex hatten. Und merkten, dass wir als reine Freunde besser funktionieren (obwohl der Sex alles andere als schlecht war). Und jetzt führe ich mit ihm die innigste Freundschaft, die ich zu einem Mann bisher führen konnte. Da es quasi ja nichts gibt, was wir nicht schon einmal irgendwie zusammen erlebt haben, gibt es auch nichts, worüber wir nicht reden können. Es ist großartig, dass wir gemeinsam über Farben, Formen, Größen und Gerüche von Schwänzen und Vaginen ablabern können und uns genauso gut Ratschläge in Sachen Liebe und Gefühlschaos geben können. Ich weiß mit Bestimmtheit, dass das alles nicht so funktionieren würde, wenn wir uns nicht auf jede Art und Weise kennen würden.


Ich mag die Idee der Kolumne, dass Menschen wie du und ich beschreiben, wie und wodurch sie ihr Sexleben verbessert haben. Nicht nur, weil ich generell vielleicht ein bisschen gedankenvoyeuristisch veranlagt bin und mich für das Sexleben anderer Menschen interessiere, sondern weil die Kolumne sicher auch spannende Anregung fürs eigene Leben bietet.

 

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Vielen Dank an Gruner + Jahr fürs zur Verfügung stellen der neuen NEON!

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