Home is where the Schamgefühl isn’t

 

Loneliness is the human condition. Cultivate it. The way it tunnels into you allows your soul room to grow. Never expect to outgrow loneliness. Never hope to find people who will understand you, someone to fill that space. – Janet Fitch


 

Ich bin oft einsam. Das ist gelogen. Ich bin immer einsam.

Jetzt gerade bin ich einsam in meiner Wohnung, der Pseudogesellschaftsversuch Katze, die ich mir angeschafft habe und die gerade Haarknäuel auskotzt, ändert das nicht, ebenso wenig wie die Freunde, die bis eben noch da waren. Ich bin immer einsam.


 

Am wenigsten einsam bin ich, wenn ich Sex habe. Das Loch der Einsamkeit in mir versuche ich sehr wortwörtlich zu stopfen.


 

Sex ist demnach mein Lieblingsthema. Jemand, der Hunger hat, spricht ja auch liebend gerne über eine fetttriefende, geile Pizza. Sex ist meine fetttriefende, geile Pizza und ich bin immer hungrig.

Oftmals macht mich die Tatsache, dass mein Lieblingsthema kein allzeit angebrachtes Thema ist, noch einsamer. Man kann die Kassiererin an der Supermarktkasse nicht fragen, ob sie diese Kondome persönlich empfehlen kann oder den Postboten, wo er am liebsten sein Päckchen reinsteckt. Das geht nicht und meist kriege ich es hin, das zu akzeptieren.


 

Schwierig an meiner Einsamkeitsbewältigung ist auch die Gefahr, dass Menschen meine Sexliebe als Anfrage interpretieren und wütend sind, wenn ich nicht direkt versuche, beide ihrer Eier auf einmal in den Mund zu nehmen, nur weil ich gesagt habe, wie gerne ich Hoden anfasse und angucke.


 

Einfach für meine Einsamkeitsbewältigung ist meine WG. Diese Kolumne ist mein kleines Dankeschön an zwei Mädchen, vor denen ich alles sagen kann, egal wie absurd es ist (“Benutzt ihr auch manchmal euer Vaginalsekret als Parfum?”) und sie wohnen trotzdem noch gerne mit mir zusammen und machen sogar pantless sundays mit Vaginavergleichen oder gemeinsames Duschen mit. Unsexuell und entspannt wie Kinder. Der Freudsche Penisneid kommt auch nie auf, so ganz unter Penislosen.

Als ich während des Pornoguckens kurz mit der einen Mitbewohnerin etwas klären musste und die zweite dazukam und die geöffnete Pornoseite nur mit einem lockeren “Oh, ihr guckt Pornos.” quittierte, als hätte sie gerade gesagt “Oh, ihr bügelt Hemden.”, ist mir klargeworden, wie schwer es wird, diese WG zu ersetzen.

Deswegen, hier ein Aufruf an Frauen in ganz Deutschland: Wenn ihr wie meine jetzige Mitbewohnerin nach dem Duschen schreit “Myri, fasst du nachher meine glattrasierte Vajayjay an, falls ich doch keinen Sex habe?! Damit es sich trotzdem irgendwie gelohnt hat” oder wenn ihr gerne beim Frühstück hört, dass ich die Liebe meines Lebens gefunden habe, weil er mich nachts fünf mal gefickt hat und dann wortlos gegangen ist, dann bitte – meldet euch, ich will bei euch wohnen nach meinem Bachelor. Ich will unsexuell-sexuelle Hemmungslosigkeit. Home is where your Schamgefühl isn't.

1 Comment

  • November 26, 2015

    Mario

    Wow, sehr offener Text, nicht unbedingt für Männer, oder? Ich bin auch sehr offen und es freut mich das ich nicht der einzige bin der so schreibt.
    Die Sache mit dem Sex als eine andere Art für Liebe kann ich nachempfinden. Diese Nähe zu einer anderen Person macht alles … besser und Sex war für mich eigentlich auch immer Liebe ob es nun echt war oder fake oder für Geld ect. (und ja ich habe auch auf unkonventionelle Mittel greifen müssen, but i don´t give a fuck weil ich es darf und kann)
    Was ist das beste gegen Einsamkeit? … Zweisamkeit … oder drei … oder vier … Hauptsache nicht allein.
    Ich liebe Sex und Liebe und das Leid und die Leidenschaft. Also ficke ich mich durch in der Hoffnung das ich mal die richtige liebe, und Sie mein wird. Ich fürchte nur das ich Sie nicht erkenne, die Liebe, ich hatte Sie noch nie, was weis ich also schon? hm …
    M.