Schatz, kommst du jetzt bitte?!

„Schatz, kommst du jetzt bitte? Wir müssen uns jetzt wirklich beeilen!“ sprach sie, warf mir einen dieser „Sprich noch einmal in meiner Abwesenheit mit meinem Freund und du wirst es bereuen“-Blicke zu, schlang demonstrativ ihren Arm um seine Hüften und zog ihn Richtung Ausgang.  Nun ja, anstatt ihr zu folgen, gab es zunächst noch eine Abschiedsumarmung für mich. Düdüm. Den Blick, der darauf folgte, den betitel ich lieber nicht…

Dieses Szenario spielte sich vor kurzem beim Sport ab. Ein Sportsfreund (haha) wartete eine halbe (!) Stunde auf sie nach dem Duschen und unterhielt sich in der Zeit mit mir. Oh Schreck, oh Graus. In der Öffentlichkeit betrogen. Quasi.  Er sieht gut aus. Sie sieht gut aus. Und sie wiegt ungefähr 55 Kilo weniger als ich, also um und bei gar nichts. Sie ist blond. Ich brünett. Sie hat braune Augen. Ich blaue. Blablabla… Also, keine Konkurrenz. Aber warum sind wir Frauen denn einfach immer so stutenbissig? Wäre das jetzt kein Plädoyer für ein entspanntes Verhältnis unter uns Frauen, dann wäre mir ja so einiges an Zurück-Anfeindung in den Sinn gekommen. Ja, zum Beispiel, dass ich in einer halben Stunde mehr Gesprächsthemen mit ihm hatte als sie in einem halben Jahr. Oder so. ABER: Davon werden ihre Hüften ja auch nicht breiter oder andersrum. Oder?

Mädels, wir sollten uns entspannen. In oben genannter Situation macht ihr Gedankengang ohnehin keinen Sinn. Wenn er sie betrügen wollen würde, dann würde er sie auch betrügen. Aber das täte er wohl kaum mit der Frau, die er so eben noch vor ihren Augen umarmt hat. „Hier Schatz, damit du es dir dann auch bildlich ausmalen kannst…“. Völliger Quatsch. Die Welt ist voller hübscher Frauen. Und die Männer erfreuen sich doch auch daran. Und wenn wir Frauen uns daran erfreuen, dass die Welt voller schöner Männer ist, verwandeln die sich ja auch nicht gleich in kleine, zickige Monster. Gut, okay, zugegeben, bei denen läuft´s dann auch weniger subtil. Wenn es was zu klären gibt, dann gehen die halt vor die Tür…

Beobachtet man mal eine Weile das weibliche Wesen egal welchen Alters (ich ging schon als Kind regelmäßig verloren, weil ich so gerne stehenbleibe und Leute beobachte), begegnet einem immer wieder das gleiche Szenario – man bzw. frau kann dieses Phänomen ja auch wirklich in jeder Altersklasse beobachten, sogar im Altenheim meiner Oma gab es so etwas zum Teil noch: Verstohlene Blicke aus dem Augenwinkel. Anticken der Freundin mit dem Ellenbogen. Hochziehen einer Augenbraue. Vielleicht nochmal mehr oder weniger unauffälliges Umdrehen. Wenn wir Frauen eines können, dann unsagbar arrogant und selbstbewusst tun und abwertend gucken in einer Situation, in der wir einfach nur neidisch sind auf unser weibliches Gegenüber. Worauf auch immer. Wohingegen ich noch nie erlebt hab, dass ein Mädel auf ein anderes zukam und meinte: „Hey, ich hab dir grade voll auf den Arsch geguckt und muss sagen, halleluja, wie auch immer du den hinbekommen hast, der sieht wirklich geil aus.“

Pia_vIch habe das jetzt einfach mal ein paar Mal versucht. Gut, nicht ganz so dreist und nicht ganz so körperbezogen. Aber wenn mir ein Kleidungsstück, eine Nagellackfarbe, eine Frisur oder ein Lächeln gefiel, habe ich das meinem weiblichen Gegenüber einfach mal gesagt, egal mit welcher Arroganz sie mir zuvor entgegenblickte. Und siehe da. Bis auf weniger Ausnahmen kamen ein Lächeln und ein aufrichtiges Danke zurück. Geht doch! Im Grunde gibt es doch kaum einen Anlass für diese Stutenbissigkeit. Denn wenn wir ganz ehrlich sind, haben wir doch oft einfach nur dieselben Zweifel oder Bedenken.

Und was mich sonst grade noch bewegt? Ramba zamba, schlaflose Nächte, der Countdown läuft, Pia dreht durch. Völlig und vollends. Es ist September. Und im September habe ich Geburtstag. Ich weiß nicht, was da genau schief gelaufen ist bei mir, aber ich gebe offen und ehrlich zu: Ich bin auch vor meinem 23. Geburtstag noch so aufgeregt wie vor meinem ersten. Ich liebe, liebe, liebe es. Nicht unbedingt wegen der Geschenke. Also zumindest nicht nur. Wer bekommt nicht gerne Geschenke, okay. Aber dieses ganze Drumherum. Ich stehe den ganzen Tag im Mittelpunkt, kriege Anrufe und Nachrichten von Leuten, die ich gerne habe (und die nicht nur wegen Facebook daran denken) und ganz viele herzliche Umarmungen. Hachja…ich schwärme jetzt schon. So führte ich einst, vor vielen Jahren, meinen persönlichen Countdown ein. Mein gesamtes Umfeld leidet seitdem ab dem 1. September unter einer Erinnerung, wie viele Tage es noch sind bis zu dem Tag der Tage. Ich habe es mal soweit auf die Spitze getrieben, dass ein Lehrer aus der der Mittelstufe mir noch in der Oberstufe gratulierte. So hatte sich der fast wichtigste Tag im Jahr (ja, Weihnachten ist und bleibt einfach auf Platz eins DER Tage) in sein Gedächtnis gebrannt.

Ich stehe zu diesem Tick und ich tue es gerne. Führt mir das doch auch irgendwie jedes Jahr vor Augen, wie glücklich ich mich schätzen kann über all die lieben Menschen in meinem Leben. Denn leider, und das führt nun zu meiner Aufgabe die nächsten drei Wochen, merkt man solche Dinge doch viel zu selten. Natürlich sollte es nicht eines Geburtstags bedürfen, um darüber zu stolpern, wie viel Glück man im Leben hat. Aber im Alltag geht das irgendwie immer mal wieder unter. Dies ist also ein kleiner Auftrag an mich und an euch – lauft mal mit offenen Augen durch den nervigen, stressigen Alltag und haltet Ausschau nach Dingen und vor allem nach Leuten, die euer Leben lebenswert machen! Ich werde berichten :-)

Foto (cropped): Alexander Franke / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz (by-nc)

Comments are closed.