Schmetterlinge in Wodka

Wasserfallgedanken:

 

 

1.

Eigentlich wollte ich doch bloß jemanden mit 'nem miesen Ruf, der mir weh tut, damit ich drüber schreiben kann.

Jetzt haben wir Reiseproviant und Zugtickets und einen scheiß perfekt unperfekten Wasserfall, den ich stundenlang anstarren könnte. Und wir starren ihn stundenlang an und ich hätte mir fast gewünscht, dass er jemand wäre, der sowas eine Sekunde anguckt, ein scheiß Foto für Instagram mit einem hässlichen Filter macht und weitergeht. Das hätte mir zumindest minimal wehgetan, hätte vielleicht für ein Gedicht gereicht.

 

2.

Ich kann mich nicht zwischen dem Wasserfall und ihm entscheiden. Mit Brille und ernst interessiertem Blick fickt er mich fast noch mehr als nackt in seinem WG-Zimmer.

Ich sollte den Wasserfall nehmen. Der wird länger da sein. Immerhin sind das nur Hormone, Hormone, Hormone. Biochemie. Du stehst da drüber. Du stehst da drüber. Du stehst da drüber. Da drüber. Da drüben steht er. Da drüben steht er.

 

3.

Als er mir über den Rücken streichelt, während ich auf das wässrige Tal unter uns gucke, will ich weinen. Es ist einfach lieb, nicht sexuell, und ich glaube, ich habe mir so sehr eingeredet, dass an der Stelle meines Herzens eine Vagina ist, dass ich ganz verwirrt bin, wenn ich einen Mann mag, ohne dass er seinen Penis dazu benutzt.

 

4.

Dass ich ihn natürlich auch ganz gerne mag, wenn er seinen Penis benutzt, bringt meine Mitbewohnerin auf den Punkt: “Wie kann man beim Sex eigentlich so viel lachen wie du? Ich hör es aus deinem Zimmer immer abwechselnd stöhnen und lachen.”

 

5.

Ich bin verliebt. Scheiße.

Foto: Rheinfalls by Mazda Hewitt via flickr.com (CC BY NC 2.0)

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