Jenen Satz hörte ich – ummantelt von wissendem Gelächter – von meinem besten Kumpel, nachdem ich ihm mal wieder eines meiner Männer-Dramen schilderte. Ich antwortete mit "Ja, man! Was soll denn der Sche**?!" (oder so ähnlich.)
Es ereignete sich wie folgt: Ich lernte einen Typen über eine Flirt-App kennen und wir schrieben und schrieben und schrieben… eine Woche lang. Jeden Tag. Bis tief in die Nacht hinein. Wir hatten so viele Gemeinsamkeiten, dass es schon fast unheimlich war. Das war kurz vor Silvester und er wollte eigentlich wegfahren über die Feiertage, aber blieb hier. Wegen mir. Allein das überforderte mich schon, aber ich konnte ihn nicht davon abhalten und so trafen wir uns am Tag vor dem Jahreswechsel das erste Mal von Angesicht zu Angesicht.
Und zu Anfang bin ich wie jedes andere Mädchen auch – und ja, ich sage absichtlich Mädchen, denn ich bin zwar mittlerweile näher an der 30 als an der 20, aber dennoch bin ich manchmal Mädchen. 16 vielleicht. Ich bin nervös vorm ersten Date. Mir ist heiß, mir ist schlecht und ich denke, meine Beine seien plötzlich aus diesen ekelhaften Weingummistangen mit Brause-Zucker-Gelöt drin. Ich renn ständig auf Klo und muss mich aufs Atmen konzentrieren. Ja, Atmen. Nicht kotzen. Nur Sauerstoff ein- und Kohlenstoffdioxid ausatmen. *wuuuusaaaa*
So war es vor diesem Treffen natürlich auch. Er holte mich mit einem „Weg-Bier“ ab und wir gingen noch zusammen einkaufen, denn der Plan war: Gemeinsam bei ihm kochen. Der Abend war sehr schön – zu Beginn. Wir redeten so viel, dass wir erst super spät zum Kochen kamen. Es harmonierte prima. Wir schnackten, hielten Händchen dabei und irgendwann küssten wir uns. Ich fragte „Sollen wir das wirklich tun?“ und wir landeten im Schlafzimmer.
Leider war ich so blöd, ehrlich zu sein und sagte ihm zwischendurch, dass er mich nicht so recht befriedigen konnte. (Okay, das ist sehr freundlich von mir ausgedrückt, ich könnte genauso gut sagen „Untenrum kann er absolut gar nicht!“. Ich hab mein Bestes gegeben. Mich gedreht und gewendet und versucht ihn dahin zu führen, wo es Sinn ergibt. Aber allen Bemühungen zum Trotz hat er – wahrscheinlich im wahrsten Sinne des Wortes – blind rumgestochert.)
Das hat ihn total fertig gemacht und endete in einer echt unangenehmen Diskussion. Er meinte doch tatsächlich, dass die Frauen mit denen er bisher was hatte, sagten, es ginge ja auch nicht um den Orgasmus, sondern um den Akt an sich. Ich dachte „Bitte, was?!“ und sagte „Achso, das erklärt natürlich einiges.“ Oha. Hätte ich mir verkneifen können.
Frau kommt nicht immer. Manchmal ist das einfach so und da kann der Sex noch so grandios sein. Aber ich hatte irgendwie erwartet, dass er mich dann fragt, was mir gefällt und wir es weiter versuchen anstatt er es einfach unter „Is halt so“ ablegt. Nach so einer Diskussion hatte ich natürlich keine Lust, ihm noch zu sagen, was ich mag. Man kann Dinge totreden. Muss man aber auch nicht.
Ich wollte gehen. Irgendwie war es auch schon 9 Uhr morgens. Trotz allem wollte er, dass ich bleibe. „Lass uns doch noch kurz kuscheln.“ „Eine halbe Stunde noch.“ Ich fühlte mich schon arg unwohl. Aber ich bin ja nicht so. Nach einer gefühlten Ewigkeit rumliegen und innerer Unruhe, wollte ich dann wirklich los. Ich ging in den Flur, zog mich an, stand vor ihm und sagte „Ich geh dann mal.“ Er brachte mich zur Tür und sah mir nach wie ein angeschossenes Reh. Und *schwupps* bin ich auf einmal der Mann.
Ich hab doch gesagt, wegen mir sollte er nicht in der Stadt bleiben.
Ist das schon die „Über-Emanzipation“ der Frau? Fühlen sich Männer wegen Frauen wie mir, als müssen sie sich wieder neu behaupten? Von den ganzen Emanzen unterdrückt und als verweichlicht dargestellt? Ich hoffe nicht! Männer dürfen, nein, sollen Gefühle zeigen. Bitte raus damit! Aber… oh, man… beim ersten Treffen gleich so krass? Ich brauche meinen Freiraum.
Und ich geb‘ auch zu, dass ich alles lieber alleine machen möchte und nicht auf Hilfe angewiesen sein will. Aber das ist ein generelles Problem und kein „Die Frauen von heute sind die Männer von gestern“-Ding. Ich will mir da genauso wenig von anderen Frauen helfen lassen.
Zum Beispiel letztes Wochenende. Eine Freundin von mir zieht um und ich muss sagen, ich liebe Umzüge. Ich liebe es, Sachen zu schleppen und zu sehen und zu spüren, dass man was getan hat, um am Ende des Tages ein kühles Bier anzusetzen und stolz zu sein. *bäm* Aber was war diesmal? Ich durfte gar nichts alleine tragen! „Nein, das nicht, das ist zu schwer für dich, ich helf dir!“ und ich am Anfang so „Okay, na gut. Ich will mir ja auch keinen Bruch heben.“ Aber ich merkte schnell, dass die Dinge, die mir als schwer verkauft wurden tatsächlich leicht waren. In einem unbeobachteten Moment schnappte ich mir dann zwei Schrankteile und stratzte hoch, damit ich mich zumindest für einen kurzen Moment gleichberechtigt fühlen konnte.
Aber wieso bin ich am Ende immer der Mann? Muss ich weicher werden? Muss ich lernen, mich fallen zu lassen und auch mal Mädchen zu sein? Den Beschützerinstinkt im Mann wecken?
Vielleicht bin ich einfach nicht so Mädchen-Mädchen. Und ich werde auch keine 180-Grad-Wandlung durchmachen können. Selbst wenn ich rosafarbene Blümchenröcke und Hello Kitty Socken trage (Ja, das tue ich wirklich.), möchte ich als Frau akzeptiert werden, die selbst ihre Möbel aufbaut, Böden verlegt und Regale an die Wand schrauben kann. Eine Frau, die sagt, was sie will und auch damit klar kommt, wenn man ehrlich zu ihr ist. Nichts hasse ich mehr als um den heißen Brei herumreden und nicht mit der Sprache rauszurücken. Titten aufn Tisch!
Ladies, seid ihr Männer oder seid ihr Mädchen?
Tüddelü.
Eure Tänne
Aenni
Wie krass…. das ist ja mal schön in die Hose gegangen. :D
Aber wenn Monseur bisher nur Mädels hatten, die “hingehalten” haben ohne echten Spaß zu erwarten und ihn dann auch noch für seine Unwissenheit loben, dann erklärt das wirklich einiges…
;-)
Der wird bei dieser Einstellung (“allen hat es immer gefallen und die haben auch gesagt dass es ohne Orgasmus schön ist”) in 10 Jahren noch so “schlecht” sein wie jetzt.
Tänne
Oh, ja, Aenni… Ich stand auch erstmal einige Sekunden filmreif vor seiner Tür als er dieser hinter mir schloss, hab verwirrt geguckt & mich gefragt, ob das wirklich gerade passiert ist & bin dann erst losgedackelt. :D
Man kann nur hoffen, dass ich ihm durch dieses Erlebnis die Augen für die folgenden Ladies geöffnet hab. ;)
beasag
Besser spät als nie: VIELEN DANK dafür, dass ich mich heute mal ein bisschen normal fühlen darf! Auch ich bin in der Lage ein Ikea-Regal alleine aufzubauen und eine Kiste Bier zu tragen, aber entweder die Kerle integrieren einen wie von selbst in die Männerrunde und als weibliches Wesen ist man zukünftig abgehakt, oder sie sind so eingeschüchtert, dass sie sich nur noch mit blöden Sprüchen zu helfen wissen. ist es so schwer zu ertragen, dass starke Frauen euch nicht in eurer Männlichkeit bedrohen wollen sondern sich so einfach nur gerne ihre Autonomie bewahren, sich aber trotzdem gerne mal an eine starke Schulter anlehnen?