Sprachliche Selektion

Ich verliebe mich in Silben.

Besondere Wörter lassen mich dahinschmelzen wie meine Lieblingsschokolade in der zartrosa Frühlingssonne und wie die Schokolade will ich schöne Sätze essen. Ich will, dass Poesie meine Lippen berührt, ich will zartbitter Prosa überall an meinem Mund.

 

Der enttäuschendste Moment der letzten Wochen war ein wunderschöner Mann, dessen Sätze eher Erbseneintopf waren. Die Schönheit verschwand sofort.

Ich verliebe mich in Sätze, in denen Wahrheit nachhallt und Stärke jede Silbe wie ein Manifest formt.

Ein “k” als Zustimmung reicht nicht, niemals für mich.

 

Natürlich sollte man die Taten eines Menschen betrachten, wenn man ihn kennenlernt, aber ich kann nicht anders als gierig zu beobachten, was er sagt, während er handelt und wie er es sagt und ob er sich wiederholt oder ob er bei dem Wort “euphorisiert” kurz stolpert und dann ein kleines Grinsen sein Gesicht ziert wie ein Eingeständnis, ob er sich manchmal beim Reden über die Lippen leckt, als wolle er die Worte schmecken.

Denn dann will ich seine Worte schmecken.

 

Ich verliebe mich in Silben. Und wo verdammt ist die Person, deren Worte ich in mein Tagebuch schreiben will wie meine eigene Bibel?!

 

Titelbild by Roco Julie via flickr.com (CC BY-SA 2.0) 

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