Man könnte meinen, mit Ende 20 habe man es als Single besonders schwer, schließlich haben nahezu alle Freunde einen Partner, teilweise sind sie schon verheiratet und haben Kinder. Auf Familienfeiern fragt Tante Erna wohlwollend, was denn mit dem Liebesleben sei, Silvester steht man allein mit einer Wunderkerze in der Hand um Mitternacht da und der Valentinstag ist alljährig ein reines Elend (es sei denn, man verfolgt diese Tipps ;-)) Irgendwie versucht man dann immer, sich ein wenig aus der Affäre zu ziehen, das Thema zu wechseln oder erfindet im schlimmsten Fall eine angebliche Liebelei, aus der eventuell bald etwas Ernstes werden könnte und wenige Wochen später folgt dann ein filmreifes Ende mit viel Tränen und Drama – und einem guten Grund, mal wieder ein Gläschen Sekt zu viel zu trinken.
Montagmorgen im Büro, der Kollege kommt wie nahezu jeden Tag recht knapp und gehetzt herein gestolpert. Die Dame des Hauses hat mal wieder ein wenig länger im Badezimmer gebraucht, dann gab es noch eine kurze Diskussion über die Abendplanung und da war es dann auch schon kurz vor Abfahrt der U-Bahn. Mit einem Schlag haben wir hier zwei Punkte auf der PRO Seite vereint: als Single muss man sich nicht an einen Badezimmerplan halten. Wenn man am Dienstag mal 10minuten später unter die Dusche gehen möchte als sonst, hat es nur einen selbst zu interessieren und wenn man dadurch zu spät kommt, muss man auf niemanden sauer sein – höchstens auf sich selbst. Und dann diese lästige Sache mit der Abendplanung, was gibt es zu essen, wollen wir noch zu Tom und Tina oder lieber auf der Couch bleiben? Was gibt's im Fernsehen? Völlig egal! Denn alles was man machen möchte liegt einzig und allein in der Singlehand.
Doch nicht nur im Privatleben hat man alleinstehend Vorteile, auch im Beruf kann man seinen Nutzen ziehen. Während Familien mit Kindern stets an die Schulferien gebunden sind, kann man mit seinen Single-Freunden auch Anfang Juni zu super Schnäppchenpreisen in den Urlaub fliegen, muss sich nicht mit hunderten von Schwimmflügeln den Pool teilen und kommt am Ende sogar wirklich richtig entspannt wieder nach Hause. Außerdem liest man es immer wieder: die meisten Paare streiten im Urlaub und sogar ein großer Teil der Beziehungen zerbricht danach. Die persönliche Weiterentwicklung? Das unfassbare Jobangebot für die utopisch gut bezahlte Stelle in Berlin, London, New York? Kein Problem! Ist man ungebunden, kann man auch spontan neue Abenteuer angehen. Den verwurzelten Partner davon zu überzeugen, mit in eine neue Stadt, weit weg von Familie, Freunden und dem sicheren Arbeitsplatz zu ziehen ist eine schwierige Mission und zieht auch hier sicher Diskussionen und Streit mit sich. Der Single entscheidet für sich, muss keine Rücksicht nehmen und kann sich neuen Chancen leichter öffnen.
Und dann, in der neuen Stadt: neue Umgebung, neue Menschen, neue Erfahrungen, neue Flirts. Man kann sich ganz ohne Reue in das neue Abenteuer stürzen und in guter alter Sex and the City Manier durch das Nachtleben flanieren, Cosmopolitains trinken und die schönen Seiten des Lebens genießen. Immerhin haben uns das die vier Damen aus New York bereits vor über 10 Jahren gezeigt, was das Leben lebenswert macht. Heiße Parties und schicke Schuhe statt Bausparvertrag waren der Stoff, aus dem Singleträume gemacht wurden. Wer hier allerdings genau aufgepasst hat, erkennt an dieser Stelle schon den Haken: letztlich waren die vier Ladies nämlich alle glücklich vergeben, Hochzeiten standen an, Kinder wurden über die 5th Avenue geschunkelt. Wenn wir also ehrlich sind, dann wollen wir doch auch alle eigentlich nur irgendwann das Happy End erleben wie Carrie und Co.. Denn am Ende erkennen wir alle, dass das Singleleben großartige Vorteile hat, wir uns aber vor den Nachteilen nicht verstecken dürfen. Wir dürfen die Suche nach Mr. Right nicht aufgeben. Daher setzen wir uns im 2. Teil in Kürze auch mit den unschönen Nachteilen des Singlelebens auseinander, um wieder auf den Boden der Tatsachen zurück zu kommen und die Sorge von Tante Erna, dass wir vielleicht einsam, alt und verbittert enden könnten, verstehen zu können.
Foto: Julia Bach / www.jugendfotos.de